Die Geschichte der Mühlbacher Klause

Die Mühlbacher Klause liegt am Ufer der Rienz im Bereich einer Talenge, die den westlichen Eingang in das Pustertal bildet. Hier verlief ab 1271 die Grenze zwischen den Grafschaften Görz (zu der das Pustertal zählte) und Tirol, weshalb Meinhard II. von Tirol den Bau einer ersten Talsperre und Grenzfeste („Alte Klause“) am Westufer des Aiterbaches, einen Kilometer östlich des befestigten Marktortes Mühlbach veranlasste.

Die "Alte Klause"

Die Alte Klause aus meinhardinischer Zeit (13. Jh.) befand sich etwa 600 Meter westlich der bis heute erhaltenen Mühlbacher Klause. Die Anlage bestand aus einer lang gezogenen, am Nordhang des Tales verlaufenden Sperrmauer und zwei Türmen. Der untere Turm (turris inferiora) nahe der Rienz diente als Torturm und Straßendurchfahrt samt Zollstation. Vom oberen Turm (turris superiora) haben sich geringe Reste erhalten, die letztlich die Lokalisierung dieser älteren Talsperre erlaubten. In zeitgenössischen Rechnungsbüchern ist weiters von einer Holzbrücke die Rede, die wohl im Bereich des unteren Torturmes bestanden haben dürfte.

Die Sicherung der nördlichen Talflanke durch eine Sperrmauer sollte die hier seit den 70er Jahren des 13. Jhs. bestehende Zollstätte (Eisackzoll) unumgehbar machen. Darüber hinaus diente die Befestigung militärischen Zwecken im Zuge der Herausbildung und Konsolidierung der Grafschaft Tirol. In diesem Zusammenhang war die Anlage im Laufe des 14. Jhs. mehrfach in politisch/kriegerische Ereignisse verwickelt.

Befestigungstechnisch entsprach die Alte Klause dem gängigen Muster mittelalterlicher Talsperren im Alpenraum. Die massiven und hohen Türme dürften in den Mauerverlauf der wohl mit einem Wehrgang ausgestatteten Sperrmauer eingestellt gewesen sein. Die spärlichen Überbleibsel bestehen aus wenigen, maximal 9 Steinlagen hoch erhaltenen Mauerresten des oberen Turmes. Die auf einer Länge von 5 bis 6 Metern einsichtige Mauer spiegelt in ihrer Ausführung romanische Bautradition wider. Als Baumaterial dienten annähernd gleich große, nur geringfügig bearbeitete Bachsteine, die in regelmäßigen Steinlagen verlegt wurden. Die Eckverbände bestehen aus etwas größeren, ebenfalls fast unbehauenen Steinen.

Beide Türme der Alten Klause lagen in der Obhut eines Pflegers, dem auch der Zollbetrieb anvertraut war. Die Zollabfertigung der Warentransporte erfolgte in der Klause, die Wareninspektion mitunter auch im so genannten Ballhaus zu Mühlbach. Der fällige Zoll wurde sowohl als Geld- oder Warenabgabe (Mühlbacher Pfefferzoll) eingefordert.
Eine vergleichbare Aufgabe erfüllte die etwa gleichzeitig angelegte Lienzer Klause am östlichen Ausgang des Pustertales im heutigen Osttirol.
Ab 1340 versiegen die schriftlichen Quellen zum weiteren Schicksal der Alten Klause/Haslacher Klause. Die Anlage dürfte bald nach dem Bau der Sigismundianischen Anlage aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. aufgegeben worden sein.

Haslacher Klause. Rekonstruktionsvorschlag für die beinah völlig abgegangenen Befestigungen des späten 13. Jhds. (Handzeichnung Larcher).

Die „Neue Klause“

Als Bauherr der neuen, bis heute erhaltenen Klausenanlage zeichnet Herzog Sigmund der Münzreiche verantwortlich. Der Bauauftrag erfolgte um 1458/59. In den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts dürfte das Bauvorhaben abgeschlossen worden sein. Erste urkundliche Hinweise für eine Zolltätigkeit in der neuen Anlage beziehen sich jedoch bereits auf die 70er Jahre. Das Weihedatum der im Klausenareal errichteten Kapelle zur Heiligen Dreifaltigkeit ist für das Jahr 1472 überliefert, seit 1484 ist eine Glocke nachgewiesen.

Die sigmundianische Klause erstreckt sich von der nahezu ebenen aber engen Talsohle an der Rienz den Berghang hinauf. Der Grundriss der Anlage zeigt ein unregelmäßiges Mauergeviert, das an den Ecken mit Rundtürmen ausgestattet war. Vom 1870/71 abgebrochenen nordöstlichen Turmbau aus führt eine Sperrmauer mit darin integrierten Halbrondellen weiter den bewaldeten Bergrücken hinauf.

Das Innere der Klausenanlage ist zweigeteilt. Mittig führte die Straßentrasse durch die beiden Tortürme, der Vintler Torturm im Osten und der Kapellentorturm im Westen. Die Durchfahrtspassage war beidseitig von einer Mauer gesäumt. Talseitig davon liegt die Hauptburg mit einem mehrstöckigen Wohngebäude, dessen Erdgeschoss vier Räume beherbergt, die über einen zentralen Mittelgang erschlossen werden. Einst schloss an das Wohngebäude ein Wirtschaftstrakt an, der jedoch im 18. Jahrhundert einer Hochwasserkatastrophe zum Opfer fiel. Die Herrschaft residierte wohl im sogenannten Kaiserturm, der in der Südwestecke der Anlage aus der Wehrmauer hervorspringt. Bergseitig der Straßendurchfahrt stand zumindest ein weiteres großes Gebäude, dessen Reste während der archäologischen Untersuchungen freigelegt werden konnten. In den Ecken sicherten zwei mächtige Rundtürme – nur einer davon ist erhalten – die Anlage.

Die Mühlbacher Klause war als Mehrzweckanlage konzipiert, die nicht nur eine Zollstätte beherbergte, sondern darüber hinaus Wohnzwecke erfüllen musste und als wehrhafte Talssperre diente. Ihre Architektur spiegelt die im 15. Jahrhundert herrschenden Vorstellungen einer modernen Fortifikationsanlage eindrucksvoll wieder. Die Gebäudemauern bestehen aus exakt behauenen, nahezu fugenlos verlegten Quadersteinen, die den wehrhaften Charakter der Anlage optisch unterstreichen. In die Umfassungsmauern und Türme sind Schlüssellochscharten eingelassen, die mit den neu entwickelten Handfeuerwaffen bestückt werden konnten. Die letzten Kriegshandlungen erlebte die Klause während der so genannten Franzosenkriege Anfang des 19. Jahrhunderts, als sich hier napoleonische Truppen und Tiroler Landwehren gegenüberstanden.